Im „multimedialen Zeitalter“ stehen alle Türen für eine umfassende und adressantengerechte Ausbildung weit offen. Auch die Ausstattung der Institute und Schulen wird kontinuierlich erweitert, so dass
dem Einsatz des Computers nichts mehr im Wege steht. Doch während in der betrieblichen Ausbildung die neuen Medien nicht mehr wegzudenken sind, ist das Angebot an Computerunterstützten Kursen in Schule und
Hochschule äußerst spärlich und meist auch ohne Gesamtkonzeption.
Hört man in die Kollegien und Assistentenrunden, so hallen endlose Klagen über das Wunderwerk Computer.
Hier eine Auswahl der üblichen Beschwerden, die dem aufkeimenden Eifer der Integration der neuen
Medien in die Ausbildung und Forschungskonzepte sofort wieder erstickt:
„Die Dinger funktionieren nie, wenn ich sie mal brauche …damit kann ich nicht planen!“
Oft werden die
Compternetze and den heutigen Schulen und Instituten noch von Einzelpersonen gewartet, welche diese Aufgabe als „Funktiosstelle“ (teilweise) freiwillig übernommen haben. Daraus ergibt sich - durch Mangel
an Geldern für Softwareausstattung, Hintergrundwissen und Zeit - oft ein instabiles Netzwerk, welches den Belastungen zahlreicher Kollegen- und Schülerattacken nicht standhält.
Dennoch: Durch Aus- und
Weiterbildungsangebote für Netzwerkbeauftragte kann hier inzwischen Abhilfe geschaffen werden. Lehrer werden nun auch direkt für Informatik ausgebildet und Programme (wie http://www.schulen-ans-netz.de/ ) bieten
Unterstützung in Fragen der Netzwerksicherheit und Administration.
Probleme mit der Technik wird es immer geben, doch die Verlässlichkeit nimmt zu. Doch wie bei allen Medien gilt auch hier: Nur der
regelmäßige Einsatz und Umgang schafft die Voraussetzung zur Vermeidung von Problemen.
“Wir haben nur einen Computerraum und der ist immer von den Informatikern belegt.“
Zeitmanagement ist ein zentrales Problem. Gerade wenn nur sehr wenige Kapazitäten zur Verfügung stehen muss eine langfristige Planung greifen. Langfristige Planung kann aber nur dann zu Tragen kommen, wenn bereits
Wochen und Monate im Voraus ein Konzept für den eigenen Unterricht besteht. Über die Vermittlung von Unterrichtseinheiten wird meist recht kurzfristig entschieden und so buchen Kollegen, die den Computer regelmäßig
einsetzen, den Computerraum auf Verdacht. Solange die Rechnerausstattung an Schulen nicht deutlich zunimmt wird dieses Problem nur durch längerfristige Absprachen zu lösen sein.
“Damit kenne ich mich nicht aus, da blamiere ich mich ja, wenn die Schüler mehr wissen als ich!“
Berührungsängste mit dem Computer herrschen nicht nur unter älteren Kollegen. Auch junge Studenten – die ja eigentlich durch zahlreiche Referate und Hausarbeiten mit der Technik vertraut sein sollten -
scheuen den Einsatz aus Angst vor Blamage. Doch was der Kassettenrekorder für die frühere Generation ist der Computer für diese. Zum einen kann fehlende Kompetenz durch den regelmäßigen Umgang vermieden werden,
zum anderen stehen meist auch beratende Kollegen zur Verfügung. Notfalls können oft auch Schüler – wie zu Zeiten der Einführung von Videorekordern in der Schule – helfend einspringen.
„Das ist doch nur Spielerei, für so was gebe ich meine kostbare Zeit nicht her!“
Meist sind – gerade älteren Kollegen – noch die Anfänge des PC bekannt: Der Amiga der als reiner Spielecomputer den Zögling ganze Nächte lang beschäftigt hat und den Arcade-Spielautomaten den
Rang ablief. Dass der Computer heute ein nützliches Instrument zur Vermittlung zahlreicher Lehrziele sein kann, wird selten akzeptiert. Doch was inzwischen in allen Unterrichtsplanungen gepredigt wird,
scheint beim Einsatz vom Computer absolute Neuheit: eine ausführliche Planung und Vorbereitung des Unterrichts ist die Vorraussetzung des Lernerfolgs. Wird der Unterricht nicht darauf abgestimmt ist der Einsatz des
Computers – wie jedes anderen Mediums – in der Tat sinnlos.
„Es gibt ja kaum Software am Markt, die für meine Zecke sinnvoll ist!“
Tatsächlich zielen nur sehr
wenige Konzepte von Lernsoftware für den schulischen Einsatz geeignet sind. Meist sind die – leider immer noch stark behavioristisch angehauchten – Programme für den heimischen Gebrauch erstellt und nur
von geringem Funktionsumfang. Lehrerhandreichungen und Möglichkeiten zur Intervention und Kontrolle fehlen so gut wie immer.
Hintergrund für fehlende Programme sind oft Absatzängste größerer Verlage, deren
Neu-Entwicklungen mit hohen Kosten verbunden und dann durch Raubkopien bedroht sind. Schulen ihrerseits haben selten Gelder für kostenintensive Programme übrig, vor allem nicht wenn fraglich bleibt, ob die Kollegen
diese dann auch effektiv einsetzen können. So schließt sich der Teufelskreis.
Warum also so einen „Hype“ um die Rechenmaschinen, wenn der Einsatz ja doch mit so vielen Problemen behaftet ist?
Mal ganz von der Tatsache abgesehen, dass Schüler gezwungener Maßen für
ihren zukünftigen Werdegang den Umgang mit dem Computer lernen müssen (denn kaum ein Arbeitsplatz kommt heute noch ohne aus), so bietet er zahlreiche Möglichkeiten für den eigenen Unterricht. Schülerzentrierung
und individuelle Betreuung – grundlegende Stichworte im modernen Unterrichtsgeschehen – verlangen neue Methoden (und vor allem Medien) in den Schulstunden. Nur adressatengerechte Angebote bieten dem
Schüler den fördernden Erfolg, den neuere Studien wie PISA verlangen. Natürlich kann der Computer nicht als Allheilmittel verstanden werden. Der alleinige Einsatz von Lernsoftware im Unterricht bietet den
Schülern zwar eine gern gesehene Abwechslung, leider jedoch nicht die erhofften Ergebnisse.
Neue Konzepte sehen deshalb das „Blended Learning“ als den Erfolgsträger. „Blended –
learning“ zeichnet sich durch einen kontinuierlichen Wechsel von vorbereitenden, nachbereitenden und freien Arbeitsphasen aus. Während in den freien Arbeitsphasen die Lerner selbst entscheiden können was
sie in welchen Zeitabschnitten erarbeiten wollen, folgt die Festigung und Lernerfolgskontrolle in den Nachbereitungseinheiten. In den Vorbereitungsphasen wird das Stoffpensum für die nächste freie Arbeitsphase
vereinbart, technische Probleme geklärt und Fragen beantwortet. Dieses Konzept wird heute bereits in zahlreichen Firmen für die Mitarbeiterschulungen eingesetzt.
Wie sieht nun die Zukunft des Computers in der Lehre aus? Bleibt der Bildschirm schwarz? Eine Lösung kann nur erreicht werden, wenn Ausbilder und Software-Hersteller zusammenarbeiten.
In allen
Ausbildungsgängen sollte verstärkt der Computer als Medium eingesetzt werden um Berührungsängste zwischen Mensch und Maschine abzubauen. Nur wer die Probleme des Unbekannten kennt, wird sich nicht scheuen diesem
auch im Unterrichtsgeschehen zu stellen. Des Gleichen müssen die Computer-unterstützten Lerneinheiten gründlich vor- und nachbereitet, sowie in einen Gesamtkontext eingebunden werden. Nur dies garantiert die
nötige Verarbeitungstiefe und damit auch den Lernerfolg.
Software-Herstellern selbst kommt eine genauso große Verantwortung zu. Völlig neue Konzepte mit vernetzen, konstruktivistischen Einheiten müssen
geschaffen werden. Die Programme sollten interessant und fordernd, aber auch zugleich leicht zu bedienen und selbsterklärend sein.
Ist so ein Konzept überhaupt in einem überschaubaren finanziellen Rahmen zu realisieren? Ja, ist es. Wir haben selbst versucht mit einfachen Mitteln eine Lernumgebung zu schaffen, die auch von Computer-Laien
problemfrei zu bedienen ist und im Rahmen der hochschulischen Ausbildung unterstützend angeboten werden kann.
Das folgende PDF erklärt beispielhaft wie ein solches Konzept angeplant und umgesetzt wurde.
Natürlich sind auch ganz andere Konzepte möglich, dennoch kann dieses Beispiel zeigen, dass umfangreiche Lernsoftware leicht zu erstellen und im Unterrichtsgeschehen einsetzbar ist.
Computer werden
immer leistungsstärker und vermögen Dinge zu zeigen, die wir ohne sie niemals nachvollziehen könnten. Sicher ist die reale Erfahrung noch wesentlich eindruckvoller als die simulierte – und oft mangelt es in
der Ausbildung gerade in der Konfrontation mit Realien - dennoch dürfen wir die Chancen nicht verstreichen lassen und uns den Möglichkeiten stellen. Wir können von der Jugend nicht fordern, was wir selbst nicht
bereit sind zu bieten.
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